Carsten Danzer ist Salutonaut und führt das EPD nicht nur für sich selbst, sondern auch für seine Kinder. Erfahren Sie seine Sichtweise auf die menschenzentrierte Digitalisierung im Schweizer Gesundheitssystem in unserem Interview:
💡 Was hat dich bisher am meisten begeistert und überzeugt, dass du die Teilnahme an der Expedition in den Gesundheitsdatenraum auch Anderen empfehlen würdest?
Meine Empfehlung: Macht mit – die Zukunft unserer Gesundheitsdaten gehört uns allen!
Ich bin überzeugt, dass jeder Mensch die Möglichkeit haben sollte, seine Gesundheitsdaten selbst zu besitzen und zu verwalten. Den Großteil unserer gesundheitsbezogenen Daten – die Daten aus unserem meist gesunden Alltag – tragen wir bereits bei uns: auf unseren Smartphones, gesammelt von Smartwatches, Kundenkarten (z. B. CUMULUS) und anderen Quellen. Doch unsere Krankheitsdaten bleiben oft in dezentralen Systemen eingeschlossen, auf die wir als Einzelpersonen kaum oder gar keinen Zugriff haben.
Die Expedition begeistert mich besonders, weil sie eine Gemeinschaft Gleichgesinnter schafft, die daran arbeiten, diese Daten zugänglich und sinnvoll nutzbar zu machen. Dabei setzen wir sowohl auf technische Lösungen als auch auf den menschlichen Einsatz – unterstützt von engagierten Akteuren aus dem Schweizer Gesundheitssystem.
Das elektronische Patientendossier (EPD) wird oft als “Datensarg” kritisiert – ein leeres Gefäss ohne Mehrwert. Die Expedition gibt uns die Möglichkeit, zu lernen, wie wir den Sarg in eine Lebensader verwandeln können, um echten Mehrwert für die Gesellschaft zu generieren. Denn nur durch Nutzung, Zusammenarbeit und kontinuierliche Weiterentwicklung können wir das volle Potenzial unserer Gesundheitsdaten ausschöpfen.
💡 Welches Problem oder welche Herausforderung ist dir bisher im Rahmen der Expedition besonders aufgefallen, bei dem du denkst: ‘Das darf so nicht bleiben’?
Meine Überzeugung: Wir müssen dringend Wege finden, den Zugang zu Gesundheitsdaten einfacher, sicherer und umfassender zu gestalten – für uns und die nächste Generation!
Selbst wenn ich es schaffe, den zuständigen Gesundheitsversorger zu identifizieren, ist es fast immer mühsam, meine eigenen Daten zu erhalten. Dafür sehe ich mehrere Gründe: Daten herauszusuchen kostet Zeit, diese Arbeit ist nicht abrechenbar, und die Herausgabe könnte potenzielle Fehler aufdecken – mit möglichen rechtlichen Konsequenzen für den Gesundheitsversorger.
In einer nahezu voll digitalisierten und von KI unterstützten Welt ist es mir unverständlich, dass ich meinen digitalisierten Krankheitsdokumenten immer noch händisch hinterherlaufen muss – obwohl diese über meine AHV-Nummer eindeutig zugeordnet werden könnten.
Besonders kritisch sehe ich die Situation bei meinen Kindern. Als „Digital Natives“ sollten sie die Chance haben, dank ihrer Gesundheitsdaten die bestmögliche Behandlung zu erhalten. Doch in der Praxis landen oft nur Abschlussberichte im elektronische Patientendossier (EPD). Das ist, als würde man nur den Klappentext eines Buches lesen und behaupten, die ganze Geschichte zu kennen.
💡Basierend auf deinen bisherigen Erfahrungen: Wo würdest du konkret ansetzen, um eine menschenzentrierte Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzubringen?
Mein Vorschlag: Die Erstattung von Gesundheitsleistungen sollte daran gekoppelt werden, dass die entsprechenden Daten vollständig und in strukturierter Form im elektronischen Patientendossier (EPD) erfasst werden. Schon kleine Anreize – wie eine Verzögerung der Zahlungen bei fehlender Dokumentation – könnten den Wandel anstossen.
In meinen Jahren mit der Digitalisierung im Gesundheitswesen habe ich ein klares Muster erkannt: Wo finanzielle Anreize bestehen, sind Daten nicht nur verfügbar, sondern oft auch strukturiert – weil dies Abrechnungen erleichtert und Gewinne maximieren kann. Digitalisierung wird häufig als Hebel für Kosteneffizienz gesehen, aber die Umsetzung ist oft nicht patientenzentriert.
Derzeit sind die Anreize völlig falsch gesetzt: Das Scannen von Dokumenten – ein manueller, nicht wertschöpfender Prozess – wird über den TARMED-Tarif abgerechnet und als „ärztliche Behandlung ambulant“ in der Abrechnung deklariert. Gleichzeitig bleibt die Bereitstellung strukturierter, weiter nutzbarer Informationen nahezu unvergütet.
➡️ Die Frage ist doch: Sollte die Vergütung nicht stärker an einen nachhaltigen Mehrwert für Patient:innen gekoppelt sein, statt an Prozesse, die kaum Fortschritt bringen?
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